Elebnisbericht vom ersten Alpenmarathon
Start im Tannheimer-Tal
Da es beim ersten Mal immer am schönsten ist, oder sein könnte, möchte ich euch über mein Erlebnis des 1. Alpenmarathons informieren.
Die Anmeldung wurde Ende Juni vorgenommen und vor dem Marathon ging es mit der Rennradwoche in die finale Vorbereitung und damit in die tägliche Kommunikation innerhalb der Teilnehmer.
Schon mindestens 5 Tage vor dem eigentlichen Finale wurde regelmäßig die Wetterapp studiert, damit das Wetter richtig lokalisiert werden konnte. Leider brachte das tägliche Sehen keine Konstanz in die Vorbereitung. Vormittag regen möglich und die 50 % Wahrscheinlichkeit schwankten höchstens einmal 10 % nach oben oder nach unten.
Da ich angemeldet war, konnte nur eine Gewitterwetterlage meine Teilnahme in diesem Jahr verhindern und diese Prognose spielte bei den Meteorologen keine Rolle.
Aber die Deutung der Niederschlagswahrscheinlichkeit bekam nachts nach 0 Uhr schon einen anderen Stellenwert. Es schüttete wie aus Eimern und damit stand fest, dass der Boden bis zum Sonnenaufgang nicht mehr trocken werden wird. Viel zu schnell lief der Wecker ab und statt ruhig wachzuwerden, ging alles im Laufschritt los. Die bereitgelegten Kleidungsstücke anziehen und dann zum Frühstück. Doch gleich beim Anziehen bekam ich eine Unsicherheit. Zwei lange Winterunterhemden? Nein, sie mussten gegen kurzärmelige Unterhemden ausgetauscht werden. Die Regenjacke wurde jetzt schon fest eingeplant. Denn der Regen war konstant und die Wetterapp zeigte für 1–2 Stunden keine beständige Wetterlage an. Das Frühstück war schon im Ansatz etwas hektisch, heute sollte doch alles perfekt sein und bloß nichts vergessen war die Devise. Die erste Mahlzeit wurde uns von der Pensionswirtin bereits vorbereitet und hatte durchaus einen Marathon Touch, mit zusätzlichem Obst und einigen süßen Schmankerln. Noch lange sitzen bleiben? Nein, jetzt musste alles schnell gehen, eben schnell die Luft kontrollieren, Kette schmieren und dann zum Hotel „Schwarzer Adler“, wo ich die Casas zum gemeinsamen Start treffen wollte.
Das Quietschen der Scheibenbremsen im Sekundentakt brachte eine ganz andere Atmosphäre, das Wetter hat kein Einsehen mehr. Ab diesem Zeitpunkt war auch mein Rad nass, der kurze Zeitpunkt wo wir am Adler unter einem Vordach standen war marginal. Die Uhr zeigt an, dass es in 10 Minuten vom Start aus losgeht. Wir beschlossen loszufahren. Die kleine Unterführung 50 Meter vom Start entfernt war wohl noch nie so beliebt wie an diesem Tag. Die Musik der großen Soundanlage am Start schaltete in den Timermodus. Jetzt noch schnell ein Bild vom Start im Regen machen und der Familie schreiben, dass ich jetzt anfahre, im Regen wohlgemerkt. Das Jubeln der Zuschauer zeigt mir, es geht los. Die Regenjacke sollte gut verschlossen sein, ich überprüfe es ein letztes Mal. Direkt hinter dem Zeitmessbogen hörte ich die laut scheppernde Glocke der Kirche. Vernünftige Menschen liegen noch im Bett, dachte ich mir. Der Klang brachte Stimmung und Spannung, vielleicht auch ein wenig Angst mit. Ich war noch nie im Regen bei einem Event abseits der Heimat angefahren.
Genzübertritt nach Deutschland ins Allgäu
Außerhalb der Ortschaft, ging es dann auf einem ansteigenden Feldweg Richtung Grän, entgegen der Richtung wo uns der Streckenverlauf nach Oberjoch und damit in den Allgäu überführt. Warum fahren wir hier? Klar, die Fotoperspektive ist grandios. Wo sind die Fotografen? Bei Regen ist das eine Fehlanzeige. Beim Erreichen von Grän ging es auf die Bundesstraße und erste Bremsversuche zeigten mir an, meine Felgenbremsen wehren sich, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Neben mir erscheint ein Casa Fahrer, dem ich den Mist erzählen wollte, er meinte ans Bremsen gewöhnst du dich. Aus dem Sicherheitsdenken heraus, beschließe ich, mich an den Anfang der Gruppe zu begeben, damit ich nicht auffahre, wenn es einmal kritisch wird. Damit fahre ich ab sofort auch im Wind. Der Plan gibt bis zum Anstieg nach Oberjoch auf. Hier zeigte sich, wer fit ist und wer nicht. Anders gesagt, wer im Regen sicher fährt oder auch nicht. Ich merke, dass ich Zeit liegen lasse und mich die Abfahrt nach Wertach weiter zurückwirft. Bei 40 Sachen versuche ich die Bremsen auf Druck zu halten. Der Wegweiser und er Ordner zeigen es an, es geht nach Kranzegg. Gestern auf der Fahrerbesprechung ist die Abfahrt als Gefahrenpunkt angesprochen worden. Ich kenne die Strecke und bleibe weiterhin vorsichtig. An diesem Punkt bin ich davon überzeugt, dass der Regen bald aufhören wird. Meine Laune steigt und ich fange an, kölsches Liedgut für mich zu singen. Wer kennt im Allgäu schon Kölsch. Mein Favorit ist ganz klar "Bläck Fööss - Rut un Wiess", passte dieses Lied doch so schön zu unserer Kleidung, die vor lauter Regenjacken kaum einer sieht.
Meine Stimmung steigt weiter an, der Regen auch und ich frage mich, warum der Regenradar das nicht in der Form angezeigt hat. Die Abfahrt nach Kranzegg war gut und ohne Probleme verlaufen. Das ich jetzt schon das 2. Mal austreten musste, zeigte mir, dass ich genug Wasser geschluckt hatte. Leider auch die Zeit, die verloren ging. Ich merkte, dass das Fahrerfeld immer weiter gelüftet wurde. Das Hügelige auf und ab des Allgäus kosteten Kraft und ich war froh, dass die 1. Verpflegung zum Stopp einlud. Mir kam sofort eine nette Dame entgegen und füllte mit ihrer Gießkanne wieder Wasser in meine Trinkflasche. Wasser? Schnell noch etwas gegessen und dann sollte es weitergehen. Einige schimpften immer noch über das Wetter, ich hatte meinen Gesang noch im Kopf und fuhr weiter. Warum aufregen, dachte ich, der Regen hört doch gleich auf. Ich habe ein Jahr auf diesen Tag gewartet. Was jetzt kommt, hat sich nicht besonders in meinem Kopf festgesetzt. Es gibt immer wieder steil hoch und auch wieder runter. Ich dachte mir, so verhangen wie das hier ist, werde ich das im nächsten Jahr bei gutem Wetter nicht wiedererkennen. Einen Kreisverkehr in Immenstadt wollte ich an der falschen Ausfahrt verlassen. Der Polizist rief mir im Beamten Ton hinterher und mir wurde klar, dass ich wieder mehr aufpassen sollte. Beim Polizist gab es ein nettes Dankeschön von mir, mit einem kombiniertem Lächeln. Ein mittig auf der Straße befindlicher glatter Kanaldeckel brachte meinen hinteren Reifen leicht in Bewegung. Aufpassen und konzentriert bleiben! Jeder der Feuerwehrleute bekam ein kurzes Zeichen oder ein Wort der Dankbarkeit. Sie standen in der Kälte nur, weil wir Spaß haben wollten. Ich dachte mir nur, wie viele von ihnen mögen uns jetzt noch weniger, weil wir heute Rennrad fahren?
Nachdem ich noch einmal gut gegessen hatte, ging es den Riedbergpass hoch. Er ist mir bestens bekannt, bei Kälte und 12 Grad im Tal, war er nicht nach meinem Geschmack. Noch einmal kurz austreten und dann ging es hoch. Ich war noch immer im Glauben, ich würde Marcel Wüst hier antreffen. Mir war nicht bewusst, wie viel Zeit ich schon verloren hatte. Die passive Fahrweise machten an diesem Punkt schon die 9-Stunden-Marke zur Nichte. Im Berg lief es dennoch gut. Einige Fahrer fuhren zickzack auf der Straße, um die 18 % zu entschärfen. Dabei wurde ich 1x übersehen. Ein kurzes Vorsicht von mir wurde mit einem „Entschuldigung“ erwidert. Ich muss aufmerksam bleiben, andere Fahrer nahmen diese Technik auch an. Ich bevorzugte den langsamen Wiegetritt. Der Höhenmesser zeigt 1200 Meter an, als ich die Alphornbläser auf dem Gipfel des Riedbergpasses sah. Wo sind nur die 200 Meter geblieben?
Der Übertritt aus dem Allgäu in den Bregenzer Wald
Die Temperatur von 8,9 Grad auf dem Tacho gab mir nicht den Raum weiter nach einer Antwort zu suchen. Hier war es einfach nur kalt und das im Sommer. Mein Körper kühlte erstmalig aus. Aus diesem Grund war die gerade gestartete Pause der Alphornbläser nicht schlimm. Der Spaß verließ mich und damit starb auch das kölsche Liedgut in meinem Kopf. Bei der Verpflegung in Balderschwang habe ich mein Rennrad ins nasse Gras gelegt und dachte nur, es ist eh alles egal, schnell essen und weiter. Ob noch Casas hier waren. Ich weiß es nicht? Nach dem Anfahren und der kurzen Pause merkte ich meine Halswirbelsäule. Sie schmerzte und versteifte meine Blicke auf die Straße. Das Problem ist in den letzten Tage auch schon einmal aufgetreten. Ich hatte vorgesorgt und mir eine Tablette ins Trikot gesteckt. Ich fuhr dennoch weiter, was ein klarer Fehler war. Die Schmerzen wurden sehr stark. Es kam eine Zwangspause, ich musste anhalten und ein Gedanke ans Aufgeben kam in mir auf. So komme ich nicht mehr ins Ziel, was wohl ein Taxi von hier nach Tannheim kostet? Einige Casas kamen vorbei und riefen nur, "alles in Ordnung?" Bevor ich nur den Mund öffnen konnte, waren sie zu weit weg. Die Tablette hing im Trikot fest, ich musste lange immer wieder versuchen den Reißverschluss weiter zu öffnen, der vom Regen auch schon gezeichnet war, dann klappte es. Langsam wollte ich wieder in Fahrt kommen und erreichte die Deutsch-österreichische Grenze. Die Deutsche Polizei verabschiedete sich und ich erwiderte freundlich mit einer netten Geste. Nach weiteren 2–3 Kilometern stand ich mitten in einer Kuhherde, die auf die Weide gebracht werden mussten. Warum jetzt schon wieder anhalten? Die Kühe und ich waren mit der Situation überfordert, sie wirkten sehr schreckhaft, teilweise panisch und schrien laut. Auf der einen Seite Autos, die wegen der Straßensperrung vom Riedbergpass warteten und wir Rennradfahrer, die gerne schnell weiter wollten.
Jetzt stand ich da. Kämpfte mich an jeder Kuh vorbei und verlor immer mehr Zeit. Ich versuchte cool und ruhig zu bleiben, am liebsten hätte ich ein lautes Sch ... gerufen. Wir sind hier nur zum Spaß, dachte ich mir. Dabei kam mir wieder die Schmerzen der Nackenwirbelsäule ins Gesicht. Die Tabletten wirken noch nicht. Immer noch nicht. In Österreich gibt es keine Vollsperrungen, wie bei Radrennen in Deutschland. Die Streckenposten sind sehr aufmerksam und helfen mir im Tritt zu bleiben. Einige Fahrzeuge vom Roten Kreuz aus Österreich überholen mich. Ich hatte keinen Unfall oder Sturz gesehen, was mich sehr positiv stimmte und mein Nacken wurde besser, endlich!. Der Verkehr nahm zu, eines dieser Fahrzeuge sicherte im flachen Teile des Bregenzer Waldes eine Gruppe von Teilnehmern ca. 400 Meter vor mir ab. Damit kam mein Rhythmus zum Erliegen. Einige Autofahrer machten sich breit, damit ich nicht rechts an Ihnen vorbeifahren konnte. Die Gruppe vor mir war langsamer als ich. Abbiegende Fahrzeuge brachten mich ans Stehen. Ich war alleine unterwegs, im Regen! Es war ein Stopp and Go Verkehr. Da hier sehr viel Kraft verloren ging, beschloss ich, jetzt doch rechts konsequent zu überholen, damit ich wieder Rhythmus bekomme. Die Autofahrer hatten wohl mittlerweile alle verstanden, dass hier keiner freiwillig fährt und machten die Lücken zu Ihrer rechten Seite groß genug. Das rote Kreuz Fahrzeug überholte ich auch noch und dann war der Weg frei an den Hochtannbergpass heranzufahren.
Der Hochtannbergpass
Einige Lawinenbauten und Tunnels brachten riesigen Lärm mit sich, einige Autofahrer produzieren diesen bewusst. Ich wollte schnell durch sein, aber bei einer Länge von über einem Kilometer bleibt das ein Wunsch. Die Steigung wurde steiler und es kam in mir der Gedanke auf, nicht genug gegessen zu haben. Der Höhenmesser war immer noch auf 1100 Meter Höhe, obwohl ich schon eine gefühlte Ewigkeit hier fuhr. Die bekannte Serpentinen-Brücke im Hang wurde jetzt in Angriff genommen. Eine beliebte Fotostation für den Marathon, der leider hier nicht präsent war, denn es regnete immer noch leicht, bevor es dann endlich trocken wurde und sogar die Sonne zum Vorschein kam. Wir hätten im Rheinland gesagt, dass die Flüsse Hochwasser hätten, hier war es ein normaler Wetterverlauf. Genau 135 Kilometer mit Nässe zu fahren ist schon eine Spaßbremse, einige legten ihre Regenjacken ab. Ich öffnete den Reißverschluss, fuhr aber weiter.
Meine Regenjacke hatte keine gute Luftzirkulation und damit war ich auch dort richtig nass geworden. Die Regenhose des Bekleidungsherstellers unserer Teams half auch nicht, ein trockenes Gefühl zu bekommen. Die kurze Regenhose fing die Feuchtigkeit ab, sie trocknete aber auch nicht ab. Das Wasser lief weiterhin meine Beine hinunter. Meine Beine waren schwarz vor Dreck. Einen Schönheitspreis werde ich heute nicht mehr gewinnen :-)! Der schönste Moment im Pass war, als der Höhenmesser von 1200 auf 1700 Meter stieg und das innerhalb von nur einer Minute. Mir war jetzt endgültig klar, dass Höhenmessung an diesem Tag keinen Sinn ergibt. Die europäische Wasserscheide am höchsten Punkt des Passes zeigte mir an, dass es jetzt für längere Zeit bergab gehen wird. In Warth mittig der Abfahrt legte ich dann die längste Pause hin. Mir wurde klar, dass ich heute diesen Marathon abschließen werde. Die Form und auch meine Beschwerden waren noch einigermaßen in Ordnung. Die Kette war derart trocken gelaufen, dass sie jede Bewegung mit einem knarzen bemängelte. Ein Geräusch das ich meinem Fahrrad nie zugemutet hätte. Heute muss ich es aushalten.
Vom Lechtal über den Gaicht Pass nach Tannheim
Beim Wiederanfahren in Warth bemerkte ich, dass die Bremse immer noch nicht genug Grip hatte, als bei der Feuchtigkeit am Morgen. Der Griff klebte quasi am Lenkerband fest. Der Blick auf den Bremsbelag machte mir klar, 50 % sind heute bei den Abfahrten verloren gegangen. Ein Wert, den ich nie für möglich gehalten hätte. Die fehlende Regenerfahrung dürfte dafür gesorgt haben, dass mir der Verschleiß nicht aufgefallen ist. In der Abfahrt nicht ungefährlich. Es blieb gerade noch genug Gewindegang über, dass ich den Zug nicht lösen und den Zugweg verkürzen müsste. Das Werkzeug hatte ich glücklicherweise dabei. Das Lechtal begrüßte uns mit Rückenwind, zur nächsten Verpflegung ging es kurzzeitig über einen Feldweg weiter. An der Station angekommen, nahm ich mir Brot, Plätzchen und ein wenig Obst. Ein weiterer Fahrer der anhielt, schaffte es nicht mehr vom Fahrrad, er fiel einfach um. Mir wurde angst und bange, hat er einen Schwächeanfall, müssen wir 1. Hilfe leisten? Nichts passiert, er steht nach einer vielleicht einminütigen Verweildauer auf und geht auch ans Buffet. Ich wollte schnell weiterfahren. Die Feuerwehr weist uns auf die Straße zurück und es ging mit einem weiteren Casa und einem neutralen Fahrer im Tannheimer Trikot weiter Richtung Weißenbach. Das Tempo ist für mich am Limit, aber mit guten Führungswechseln machbar. Immer weniger ist auf der Strecke los. Ich merke, dass die schwächeren Fahrer heute wahrscheinlich auf eine Teilnahme verzichtet hatten. Ein weiterer 4. Fahrer gesellte sich hinzu, er war aber am Ende und einfach nur Dankbar dranzubleiben. Wir haben es bemerkt und ihn einfach mitfahren lassen. Der Wind kam uns jetzt wieder entgegen und kostete mich sehr viel Kraft. Nach 30 Kilometer relativ flacher Fahrt erreichten wir 5 weitere Fahrer. Hier gab es ein moderateres Tempo und leider keine abwechselnde Führungsarbeit der Gruppe. Die gesamte Gruppe ließ einen Mann, der schon Gut und Gerne 60 Jahre alt war, im Wind fahren. Wenn ich jetzt vorfahre, dann bin ich die arme Maus. Wollte ich schneller fahren? Im Wind auf Dauer schwer realisierbar. Ich habe ein schlechtes Gewissen, so sieht keine Gemeinschaft aus, ich verbleibe leider ebenfalls passiv in der Gruppe.
Ich war froh, als uns Casa Michael überholte, er war Neumitglied in Tannheim geworden und brachte gute Stimmung mit seiner freundlichen Begrüßung mit in die Gruppe. Er war auch nicht allein unterwegs und so beschloss ich schnell, mit dieser Gruppe weiterzufahren. Ich achtete nicht auf den Verkehr, der hinter mir hätte kommen können und wechselte schnell die Spur. Es war die einzige Situation, an der ich unbedacht war. Zum Glück kein Auto in der Nähe. Die folgenden Kilometer verliefen mit der Sehnsucht, den Gaicht Pass auf der linken Seite endlich zu sehen. Damit kommst du schnell in Weißenbach und an der letzten Verpflegung an. Auf das von Marcel Wüst abgestellte Bier hatte ich keine Lust und verzichtete darauf, eine Anfrage an die Helfer zu stellen. Kurz etwas essen und weiter geht es. Einige Casas waren ca. 10 Minuten hinter uns. So lange wollten wir nicht mehr warten, auch wenn das Herz anders gesprochen hat.
Der Gaicht Pass musste schließlich noch hinter uns gebracht werden. Wir blieben mit dem Casa Michael zusammen. Im Berg waren wir jetzt zu 3 Casas unterwegs. Jörg vor ca. 300 Meter vor mir und Michael die gleiche Entfernung hinter mir. Weitere Fahrer waren nicht in Sicht. Nach dem Hauptanstieg ließ ich Michael aufholen, was er schnell schaffte. Wir beschlossen, zu Jörg aufzuschließen, um ein gemeinsames Zielfoto zu bekommen. Seine Körpergröße von gefühlt 1,50 m brachte mir keine Erholung und er zeigte mir mit einem Handzeichen an, dass jetzt der Wechsel ansteht und ich in den Wind fahren sollte. Den war ich noch nicht los geworden. Mist, wenn du 2 Meter groß bist. Das Leben kann an solchen Tagen so unfair sein. Ich zählte jeden Kilometer herunter. Meine Kraft vom vielen allein Fahren war aufgebraucht. Das wir am Gaicht Pass phasenweise ganz allein waren, zeigte mir an, dass die Zeit mit jetzt schon über 9,5 Stunden nicht gut war. Ich dachte mir, come on, unter 9:45 Stunden muss doch machbar sein. Die Kirche von Tannheim zeigt mir an, dass dieser Tag auf dem Rad gleich enden wird. Der Wind hatte auch ein Einsehen und war an diesem Punkt nicht mehr zu stark. Ein verhaltenes Lachen konnte ich dann im Ziel nicht verbergen. Nach einer Jubelpose war mir nicht mehr der Sinn gekommen, ich hatte mir sie so sehr vorgenommen. Das Bild vom Fotografen beendete das Rennen. Der Zielmoderator begrüßte uns als Team. Wir gingen eben an die Zielverpflegung und tranken Holunder-Saft und aßen Kuchen, bevor Jörg meinte, sein Schloss in der Pension holen zu müssen. Da mein Fahrrad vom gefühlten Wert von 500 € auf 200 € gefallen war, zeigte ich an, dass ich darauf verzichten werde. Wer klaut noch Rennräder mit Felgenbremse und Alu Rahmen? Beim Eintritt in die Sägerklause lief gerade die Siegerehrung. Sie war wohl auch der Grund, warum ich nicht gleich wieder laufen gegangen bin. Ich war immer noch durch nass und enttäuscht und glücklich zugleich. Glücklich es endlich geschafft zu haben, enttäuscht nicht annähernd die 9 Stunden erreicht zu haben. Es war mein erster Alpenmarathon, dachte ich, als ich die Sägerklause verließ und Richtung Pension fuhr. Im Zielbereich fingen die Abbauarbeiten an. Christian, einer der Tannheimer Guides verabschiedete sich noch von mir und wünschte sich, dass ich im nächsten Jahr wiederkommen sollte. Eine wirklich nette Geste, die mir anzeigte, wie herzlich und nett das hier im Tal zugeht. Ein Tag auf dem Rennrad geht zu Ende und die Dusche klärt jetzt auch mein letztes Problem. Sauber und trocken werden kann so schön sein :-).
Es wird nicht mein letzter Alpen-Marathon gewesen sein, so viel stand fest. Die Freude überwiegt und die Glücksgefühle bleiben vielleicht sogar ein Leben lang :-).